Dies ist eine kostenlose Reinschnupper-Ausgabe des Premium-Formats „Spaziergänge“, das ausschließlich für Patreon-Backer ab 5$ verfügbar ist. Diese Artikelreihe führt euch regelmäßig mit einem archäologischen Kommentar durch virtuelle Spielwelten.
Wenn euch dieses Format gefällt und ihr keine der kommenden Spaziergänge verpassen wollt, dann schaut doch gerne mal bei Patreon vorbei und unterstützt die Arbeit von ArchaeoGames! Ein großes Dankeschön sei euch sicher!
Diese Woche jährt sich ein ganz besonderer Spiele-Release zum zehnten Mal: Das erste Assassin’s Creed erschien am 14. November 2007 und legte den Grundstein für eines der wohl bekanntesten Franchises der Spielewelt. Doch auch ohne die Nachbetrachung im Licht der zahlreichen Nachfolger ist das erste Assassinen-Abenteuer ein ganz besonderes Spiel: Assassin’s Creed war ein enorm wichtiger Schritt für die Entwicklung des Open-World-Genres und zeigte auf außerordentlich beeindruckende Weise, wie echt und lebendig historische Spielwelten wirken können.
Und diese spannende Nachbildung eines längst vergangenen Menschheitskapitels blieb in den Köpfen der Spieler – und der Fachpresse – hängen. Ich habe ein wenig in den damaligen Tests geschmökert und entdeckte immer wieder Passagen, in denen die jeweiligen Redakteure davon schwärmten, wie selbst ein kurzer Spaziergang in Assassin’s Creed etwas ganz besonders ist. Petra Schmitz (GameStar) schreibt beispielsweise:
„In Jerusalem, Damaskus und Akkon schlendern Menschen durch die Gassen, tragen Krüge oder Holz, unterhalten sich, bieten an Marktständen Waren feil oder sitzen schlicht auf Bänken und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein.
An den Ecken stehen Patrouillen der Stadtwachen, die verdächtiges Verhalten beargwöhnen. Dazwischen zwielichtige Gestalten, Betrunkene, Bettelweiber. Kurz: In Assassin’s Creed ist auf ein paar Quadratmetern mehr los als sonst in zwei Spielen. Zwar bilden die Gestalten meist nur eine tumbe Masse, die ihren Wegroutinen folgt, doch die Wirkung bleibt, das Morgenland wirkt ausgesprochen lebendig.“
Ich nahm nun diesen runden Geburtstag zum Anlass, die mittlerweile angestaubten Spieldateien nach Jahren wieder auf meinem PC zu installieren und reiste in die Welt von Assassin’s Creed – mitten in die Zeit der Kreuzzüge. Und wow, diese Reise begann unglaublich zäh: Dank nostalgischer Verklärung hatte ich völlig vergessen, wie ungelenk und langatmig der Spieleinstieg für aufstrebende Assassinen-Lehrlinge damals war.
Das Spiel beginnt in einem begehbaren Zerrbild: Gesichtslose Figuren umgeben und verfolgen uns, während sich eine Kakophonie durcheinander sprechender Stimmen aus den Lautsprechern bohrt.
Ein ungewöhnlicher Spieleinstieg, damals wie heute. (CR: Ubisoft)
Nach endlos wirkenden 30 Sekunden landen wir als nächstes in einer minutenlangen Zwischensequenz irgendwo in einem modernen Büro, wo wir von Abstergo und der „Zeitmaschine“ erfahren, die die Reise ins Mittelalter erst möglich macht. Anschließend geht es in den sogenannten Animus, wo wiederum ein mehrteiliges Tutorial absolviert werden muss, das uns die Steuerung in allen Einzelheiten erklärt.
Spannend: Im ersten Assassin’s Creed konnten bestimmte Aktionen nur ausgeführt werden, wenn der „Synchronitätsbalken“ voll war. Und der war wiederum nur dann voll gefühlt, wenn wir im Sinne unseres Ordens spielten, also Zivilisten verschonten, unverletzt bleiben und keine Aufmerksamkeit erregen. (CR: Ubisoft)
Und dann, erst dann, gelangen wir endlich in die Spielwelt – zwar zunächst wieder umgeben von Zwischensequenzen, doch immerhin können wir nun einen ersten Blick auf das Highlight des Spiels werfen: Den virtuellen Nachbau des mittelalterlichen „Heiligen Landes“. Uff!
Nach einem wirklich zähen Einstieg sind wir endlich in der Spielwelt angelangt! (CR: Ubisoft)
Willkommen in Masyaf, der Stadt der Assassinen!
Masyaf ist in Assassin’s Creed 1 die geheime Operationsbasis der Assassinen, denen auch unserere Spielfigur Altair angehört. Von hier aus unternehmen die berüchtigten Attentäter tödliche Missionen, studieren in der Bibliothek, trainieren den Nachwuchs – oder spazieren gemütlich durch das Dorf, das sich direkt am Fuß der Assassinen-Festung anschließt.
Der Weg durch das kleine Dorf Masyaf führt uns schließlich zur mächtigen Festung, die nur über eine Serpentinenstraße erreichbar ist. (CR: Ubisoft)Blick auf den eindrucksvollen Torbereich der Festung von Masyaf. (CR: Ubisoft)Im Innenhof der Festung trainieren die Meuchelmörder ihren Nachwuchs. (CR: Ubisoft)Das Hauptgebäude der Festung beherbergt eine große, zweistöckige Bibliothek, wo auch der Ordensleiter sein „Büro“ hat. (CR: Ubisoft)Wir werden zu einem ernsten Gespräch mit dem Ordensleiter gebeten. Er ist angelehnt an die historische Persönlichkeit Rashīd ad-Dīn Sinān, dem „Alten Mann vom Berg“, der im 12. Jahrhundert Anführer der Assassinen in Masyaf war. (CR: Ubisoft)
Einige von euch haben es sich vermutlich schon gedacht, aber Masyaf wurde nicht zufällig von Ubisoft als Basis für den Assassinen-Orden in ihrem Spiel gewählt. Vielmehr orientierten sie sich an der Geschichte der religiösen Sekte Nizari Ismailis, die im 12. und 13. Jahrhundert in Syrien aktiv waren.
Die Felsenfestung Masyaf entwickelte sich zu einer ihrer wichtigsten Stützpunkte im Kampf gegen kleinere, autonome Nachbarstaaten, die argwöhnisch auf diese Sekte hinabblickten. In dieser Zeit der ständigen Bedrohung riefen die Nizari Ismailis schließlich eine Elite-Einheit ins Leben, die sich Hashashins nannten – die Vorlage für Ubisofts Meuchelmörder-Orden.
Masyaf samt Felsenfestung existiert noch heute und eine gewisse Ähnlichkeit mit dem virtuellen Masyaf lässt sich nicht von der Hand weisen.
Die Felsenfestung von Masyaf aus Sicht der heutigen Dorfbewohner am Fuße des Berges. Die Fotografie stammt aus dem Jahr 2007 und wurde vom Fotografen zur Publikation freigegeben.Die Vogelperspektive (aus dem Jahr 1935) zeigt sehr eindrücklich, wie hoch sich die Festung über das angrenzende Dorf erhebt. (CR: Collection of Clive Hunt, Public Domain)Die Höhenunterschiede zwischen Dorf (Hintergrund, links) und Festung sind in diese Screenshot gut erkennbar und orientieren sich deutlich an der historischen Vorlage. (CR: Ubisoft)Im Dorf von Masyaf herrscht buntes Treiben, auch wenn die KI-Bewohner im Jahr 2007 noch relativ kopf- und sinnlos durch die Gegend marschiert sind, ohne wirklich einer Aufgabe nachzugehen. (CR: Ubisoft)Ein Händler von Masyaf bietet verschiedene Waren feil. (CR: Ubisoft)Wegen fehlendem Foto-Modus freute ich mich während der Vorbereitung dieses Artikels über jede Zwischensequenz, die das Interface für wenige Sekunden ausblendete. (CR: Ubisoft)
Mein Ausflug in die Welt des ersten Assassin’s Creed öffnete mir nicht zuletzt die Augen, wie sehr sich die Vision einer offenen Spielwelt im Jahr 2007 vom heutigen Standard unterschied. Während meines Spaziergangs in Masyaf blinkte kein einziges Mal eine Nebenaktivität auf der Mini-Map auf und nicht ein Händler bot mir Upgrades für mein Inventar an. Im scharfen Kontrast dazu steht das aktuelle Assasssin’s Creed: Origins, in dem ich bereits im ersten Dorf des Spiels Stunden mit Neben- und Hauptmissionen verbringen kann – das muss nicht zwangsläufig besser oder schlechter sein, sorgt aber definitiv für ein anderes Spielgefühl.
Wer einen Zehner übrig hat, sollte über die Zeitreise ins 12. Jahrhundert und irgendwie auch ins Jahr 2007 nachdenken. Neben einem Ausflug nach Masyaf und die Anfänge des Open-World-Designs wartet dort nicht zuletzt auf euch die Möglichkeit, den ersten Sprung in den berühmtesten Heuballen der Spielegeschichte noch einmal nachzuerleben.
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Und diese spannende Nachbildung eines längst vergangenen Menschheitskapitels blieb in den Köpfen der Spieler – und der Fachpresse – hängen. Ich habe ein wenig in den damaligen Tests geschmökert und entdeckte immer wieder Passagen, in denen die jeweiligen Redakteure davon schwärmten, wie selbst ein kurzer Spaziergang in Assassin’s Creed etwas ganz besonders ist. Petra Schmitz (GameStar) schreibt beispielsweise:
„In Jerusalem, Damaskus und Akkon schlendern Menschen durch die Gassen, tragen Krüge oder Holz, unterhalten sich, bieten an Marktständen Waren feil oder sitzen schlicht auf Bänken und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein.
An den Ecken stehen Patrouillen der Stadtwachen, die verdächtiges Verhalten beargwöhnen. Dazwischen zwielichtige Gestalten, Betrunkene, Bettelweiber. Kurz: In Assassin’s Creed ist auf ein paar Quadratmetern mehr los als sonst in zwei Spielen. Zwar bilden die Gestalten meist nur eine tumbe Masse, die ihren Wegroutinen folgt, doch die Wirkung bleibt, das Morgenland wirkt ausgesprochen lebendig.“
Ich nahm nun diesen runden Geburtstag zum Anlass, die mittlerweile angestaubten Spieldateien nach Jahren wieder auf meinem PC zu installieren und reiste in die Welt von Assassin’s Creed – mitten in die Zeit der Kreuzzüge. Und wow, diese Reise begann unglaublich zäh: Dank nostalgischer Verklärung hatte ich völlig vergessen, wie ungelenk und langatmig der Spieleinstieg für aufstrebende Assassinen-Lehrlinge damals war.
Das Spiel beginnt in einem begehbaren Zerrbild: Gesichtslose Figuren umgeben und verfolgen uns, während sich eine Kakophonie durcheinander sprechender Stimmen aus den Lautsprechern bohrt.
Nach endlos wirkenden 30 Sekunden landen wir als nächstes in einer minutenlangen Zwischensequenz irgendwo in einem modernen Büro, wo wir von Abstergo und der „Zeitmaschine“ erfahren, die die Reise ins Mittelalter erst möglich macht. Anschließend geht es in den sogenannten Animus, wo wiederum ein mehrteiliges Tutorial absolviert werden muss, das uns die Steuerung in allen Einzelheiten erklärt.
Und dann, erst dann, gelangen wir endlich in die Spielwelt – zwar zunächst wieder umgeben von Zwischensequenzen, doch immerhin können wir nun einen ersten Blick auf das Highlight des Spiels werfen: Den virtuellen Nachbau des mittelalterlichen „Heiligen Landes“. Uff!
Willkommen in Masyaf, der Stadt der Assassinen!
Masyaf ist in Assassin’s Creed 1 die geheime Operationsbasis der Assassinen, denen auch unserere Spielfigur Altair angehört. Von hier aus unternehmen die berüchtigten Attentäter tödliche Missionen, studieren in der Bibliothek, trainieren den Nachwuchs – oder spazieren gemütlich durch das Dorf, das sich direkt am Fuß der Assassinen-Festung anschließt.
Einige von euch haben es sich vermutlich schon gedacht, aber Masyaf wurde nicht zufällig von Ubisoft als Basis für den Assassinen-Orden in ihrem Spiel gewählt. Vielmehr orientierten sie sich an der Geschichte der religiösen Sekte Nizari Ismailis, die im 12. und 13. Jahrhundert in Syrien aktiv waren.
Die Felsenfestung Masyaf entwickelte sich zu einer ihrer wichtigsten Stützpunkte im Kampf gegen kleinere, autonome Nachbarstaaten, die argwöhnisch auf diese Sekte hinabblickten. In dieser Zeit der ständigen Bedrohung riefen die Nizari Ismailis schließlich eine Elite-Einheit ins Leben, die sich Hashashins nannten – die Vorlage für Ubisofts Meuchelmörder-Orden.
Masyaf samt Felsenfestung existiert noch heute und eine gewisse Ähnlichkeit mit dem virtuellen Masyaf lässt sich nicht von der Hand weisen.
Mein Ausflug in die Welt des ersten Assassin’s Creed öffnete mir nicht zuletzt die Augen, wie sehr sich die Vision einer offenen Spielwelt im Jahr 2007 vom heutigen Standard unterschied. Während meines Spaziergangs in Masyaf blinkte kein einziges Mal eine Nebenaktivität auf der Mini-Map auf und nicht ein Händler bot mir Upgrades für mein Inventar an. Im scharfen Kontrast dazu steht das aktuelle Assasssin’s Creed: Origins, in dem ich bereits im ersten Dorf des Spiels Stunden mit Neben- und Hauptmissionen verbringen kann – das muss nicht zwangsläufig besser oder schlechter sein, sorgt aber definitiv für ein anderes Spielgefühl.
Wer einen Zehner übrig hat, sollte über die Zeitreise ins 12. Jahrhundert und irgendwie auch ins Jahr 2007 nachdenken. Neben einem Ausflug nach Masyaf und die Anfänge des Open-World-Designs wartet dort nicht zuletzt auf euch die Möglichkeit, den ersten Sprung in den berühmtesten Heuballen der Spielegeschichte noch einmal nachzuerleben.