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Assassin’s Creed Origins versteckt ein sehr gutes Easter Egg direkt vor euren Augen

Manchmal fällt es mir schwer zu glauben, dass Assassin’s Creed Origins unter den wachsamen Blicken eines Historikers entstanden ist: Ich sehe eine Kleopatra-Inspiration, die aus Hollywood und nicht dem Alten Ägypten stammt. Ich sehe Waffen am Gürtel des Protagonisten Bayek baumeln, die nur in Fantasy-Welten existieren können. Ich sehe Vorbesteller-Bonus-Pferde, die mich an Faschingsumzug erinnern, aber nicht an das Königreich am Nil.

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Ja, auch das ist Assassin’s Creed Origins. (CR: Ubisoft)

Vor dem Hintergrund der beeindruckenden Spielwelt grenzen diese Beobachtungen allerdings fast nur an unschöne Details: An vielen anderen Stellen zeigen die Entwickler mit ihren Rekonstruktionen, wie ernst sie die historische Vorlage nehmen. Darüber hinaus finden sie zwischen Hühner-Kolonien und Bibliotheken auch immer wieder etwas Platz, kleine Easter Eggs im virtuellen Ägypten zu verstecken, die mich begeistert den Controller in die Luft werfen lassen. Ein ganz besonders charmantes Easter Egg, das die meisten von euch unerkannt im Inventar herumtragen sollten und über das ich nun ganz frisch gestolpert will, will ich euch nicht vorenthalten.

Der Bogen des Großen Ramses

Es ist recht wahrscheinlich, dass der Bogen namens „Ousirmaatre Setepenre“ früher oder später ins Inventar des Protagonisten Bayek wandert: Die Waffe mit dem ungewöhnlichen Namen winkt nicht nur als zufällige Belohnung einiger Nebenmissionen, sondern kann auch bei vielen Händlern direkt gekauft werden.

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(CR: Ubisoft)

Der kurze Beschreibungstext des Bogens legt die Fährte zum Easter Egg:

Funny that someone would name their light bow after pharaoh Ramsis the Great.

Offensichtlich spielt dieser Satz auf einen Zusammenhang zwischen der Waffe und Ramses an, aber was genau ist gemeint?

Ein Blick in die Biographie des Pharaos hilft zunächst nicht viel weiter: Ramses der Große, der über 1000 Jahre vor Bayeks Geburt starb, trägt seinen modernen Beinamen offenbar mit Recht. Er führte mehrere erfolgreiche Feldzüge gegen verfeindete Nachbarn Ägyptens und besiegte die Einwohner von Kanaan, Nubien und Syrien. Er überwachte den Bau dutzender Monumente und wurde bereits von seinen Nachfolgern „Der großartige Vorfahr“ genannt. Wieso aber ist es nun witzig, wenn jemand seinen Bogen nach diesem Herrscher benennt?

Den Schlüssel zur Pointe finden wir in einer Vokabel des Altägyptischen: „Neun Bogen“ ist hier ein feststehender Begriff, der als Synonym für „alle Feinde Ägyptens“ gebraucht wurde. Das waren unter Umständen auch mal mehr oder weniger als neun; die fixe Zahl ist vielmehr als ein Symbol für die Vielzahl der Feinde zu verstehen, keine fein säuberlich gerechnete Summe.  Hinweise auf die „Neun Bogen“ oder auch „Neunbogenvölker“ finden wir nicht nur in überlieferten Texten, sondern auch auf Statuen und Monumentalbauten.

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Goldverzierte Miniatursphinx aus Bronze zu Ehren von Thutmosis III. Unter der Sphinx erkennen wir neun Bogen, eine bildhafte Darstellung der Feinde und Auswärtigen, gegen die Ägypten kämpft. (CR: Musée de Louvre, ADE 11590)

Mit diesem Wissen erschließt sich der Witz der Wafffe: Es zeugt von einer gewissen Ironie, einen Bogen, also „einen Feind Ägyptens“ nach dem vielleicht wichtigsten und erfolgreichsten Herrscher Ägyptens zu benennen. Aber warum heißt der Bogen dann nicht einfach „Ramses der Große“ sondern nennt stattdessen den altägyptischen Titel des berühmten Pharaos?

Ich glaube, dass Ubisoft damit den Witz um eine noch weitere Dimension erweitern will: Der zeitgenössische Name des Bogens soll nahelegen, dass ein Ägypter den Bogen tatsächlich so benannt hat – wohl wissend, dass er sich damit einen kleinen Spaß erlaubt. Es also ist nicht nur ein Wortwitz eines Entwicklerteams aus dem 21. Jahrhundert, sondern ein Witz, den ein Entwicklerteam so aussehen lassen möchte, als stamme er von einem Alten Ägypter, der sehr wohl um die Bedeutung der Neun Bogen und der rumreichen Regentschaft des Ramses weiß!

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Ich kann mir kaum vorstellen, wie viele Spieler diesen Satz gelesen und den Witz tatsächlich verstanden haben. Es ist ein leicht übersehbares Easter Egg, das den Humor des historischen Beraters des Projekts, Maxime Durand, illustriert. Gleichzeitig ist dieser Fund mehr, als nur ein Augenzwinkern des Historikers, sondern entpuppt sich darüber hinaus als ein kleines, aber liebevolles Detail, das die Spielwelt von Assassin’s Creed Origins und seine Bewohner noch ein bisschen lebendiger wirken lässt.

Dom Schott hat Archäologie studiert und schreibt heute als freier Journalist besonders gerne über spannende Online-Communities, Netzkultur und seine zwei Kater.

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