Maja Bäckvall hat altnordische Sprachen studiert und hat in den letzten Monaten bei gleich zwei großen Spieleprojekten als Übersetzerin mitgearbeitet: Civilization VI und das kommende God of War. In der Interviewrunde „Q.E.D.“ erzählt Maja, wie die Zusammenarbeit mit so großen Entwicklerteams in der Spielebranche eigentlich abläuft und warum sie viele Spiele, die ihre Zelte in der nordischen Mythologie aufschlagen, nicht sonderlich mag.
Als ich Maja Bäckvall kennenlernen durfte, hatte ich noch keine Ahnung, dass ich einen Teil ihrer Arbeit bereits in- und auswendig kannte. Denn eine von Majas jüngsten, abgeschlossenen Großprojekten ist die Übersetzung der Texte und Monologe von Harald Hardrada, dem Anführer Norwegens in Civilization VI – ein Spiel, mit dem ich schon dutzende Stunden verbracht habe. Dementsprechend begeistert begann ich sie in unserem Interview auszuquetschen, wie sie eigentlich an diesen Job geraten war. Und die Antwort auf diese Frage überraschte mich dann ehrlich gesagt doch ein wenig:
„Ich habe den Job wirklich eigentlich nur mit viel Glück bekommen. Eine Freundin aus Amerika, die ebenfalls altnordische Sprachen studiert hat, erhielt eines Tages eine Mail, in der sie gefragt wurde, ob sie nicht die Übersetzung für ein Videospiel machen wolle. Um was für ein Spiel es ging, wusste sie damals noch nicht und ein wenig irritiert teilte sie auf Facebook die Anfrage. Sonderlich viel konnte sie nicht damit anfangen, aber ich war sofort völlig begeistert und angetan von dieser Gelegenheit. Also schrieb ich meine Freundin an, bat um die Kontaktdaten des Auftraggebers – und erhielt den Job!“
Alles andere als Glück war natürlich die Grundlage, die Maja erst einmal schaffen musste, um sich auf diesen Job bewerben zu können. Und diese Grundlage war ein knackiges Studium, wie sie mir erklärt:
„Ich habe einen Magister-Abschluss in Skandinavistik, mein Schwerpunkt sind aber altnordische Sprachen und Runen. In meinem Studium habe ich nicht nur die politische Geschichte der skandinavischen Länder kennengelernt, sondern auch ihre Literaturgeschichte und Kultur. Und weil ich privat sehr gerne Zeit mit Videospielen verbringe, war ich sehr aufgeregt, als ich plötzlich über diese Gelegenheit stolperte, die Übersetzungen für Civilization VI machen zu dürfen.“
Übersetzer haben nur selten direkt mit dem Kernentwicklerteam eines Spiels zu tun
Nachdem Maja den Auftrag bekommen hatte, die altnordischen Übersetzungen für Civilization VI zu schreiben, stand sie in stetigem Kontakt mit einer großen Firma – allerdings nicht mit den Entwicklern selbst:
„Ich hatte niemals direkt mit den Civ-Entwicklern zu tun. Die gesamte Übersetzung lief über ein Studio, das sich auf Vertonungen in Filmen und Spielen spezialisiert hat. Die organisierten auch alle Synchronsprecher für das Spiel. Im Grunde wurde mir auch nie gesagt, an welchem Spiel ich gerade arbeite, aber ich habe dann doch ziemlich schnell diesen unverwechselbaren Stil von Civ erkannt (ich meine, wie viele Spiele haben Wikinger-Anführer, die fordern, dass der Spieler von ihren Grenzen abhauen…).
Die Arbeit selbst spielte sich vor allem in Excel-Tabellen ab. Dort schrieb das dänische Studio alle Texte rein, die sie brauchten und ich übersetzte sie dann. Ich hatte also auch kaum Möglichkeit, Feedback oder Input zu geben, wenn ich inhaltliche Verbesserungsvorschläge für einige Zeilen gehabt hätte. Der einzige Austausch fand über Anmerkungen im Excel-Dokument statt, die ich schreiben konnte, wenn ich eine Phrase nicht verstand oder mehr Kontext benötigte. Manchmal habe ich aber auch einfach kurzerhand ein bisschen an den Sätzen herumgeschraubt, damit sie besser zusammenpassen und schöner klingen.“
Nachdem sie ihre Arbeit an Civilization IIIIII abgeschlossen hatte, dauerte es nicht lange, bis Maja bereits über ihren nächsten Job stolpern sollte, der sie erneut mit einem Entwicklerteam zusammenbringen sollte – und wieder hatte sie vor allem viel, viel Glück:
„Bei God of War war es ganz ähnlich wie bei Civ: Ein Studienkollege von mir wurde wegen der Übersetzung für ein Videospiel angeschrieben, die sich vor allem um Runentexte drehen würde, aber er hatte kein Interesse. Über diesen Umweg und seine Weiterempfehlung kam ich schließlich zu dem Auftrag. Auch hier arbeitete ich nicht mit dem Kernteam von God of War zusammen, sondern stand wieder in Kontakt mit einer externen Firma. Dass ich tatsächlich an Kratos neuen Abenteuer arbeitete, wurde mir allerdings recht schnell klar, als ich Dateien zugeschickt bekam, die ‚gow_voicelines‘ hießen. Apropos ‚voicelines‘: Bei God of War durfte ich einige Dialoge sogar selbst einsprechen, damit die eigentlichen Synchronsprecher am Ende wissen, wie das alles richtig klingen soll. Das war eine Menge Spaß!“
Spiele mit nordischem Setting schöpfen immer wieder aus der gleichen Klischee-Schublade
Fernab der beiden Großprojekte unterhielt ich mich mit Maja auch ganz generell über Videospiele, mit denen sie gerne ihre Zeit verbringt. Dabei kamen wir schnell zu der gleichen Erkenntnis, dass Videospiele, die in einer nordischen Spielwelt verankert sind, immer wieder aus der gleichen Klischee-Schublade schöpfen. Dazu Maja:
„Ich habe das Gefühl, das die ’nordische Kultur‘ in den Populärmedien immer wieder als ein Synonym für aggressive, wütende, raue Menschen genutzt wird. Sehr maskulin, wenn man so sagen will. Alles ist immer so kantig. Ich persönlich würde da viel lieber mehr Videospiele sehen, die die Leidenschaft und die moralischen Dilemma sichtbar machen, mit denen sich die Skandinavier in ihrer Literatur über Jahrhunderte auseinandergesetzt haben. Seltsamerweise ist da The Banner Saga ein sehr gelungenes Beispiel, das ja offiziell „nur“ von der nordischen Mythologie inspiriert ist, sie aber nicht auf irgendeine Weise authentisch abbilden will.“
Auch die Darstellung und der Gebrauch von Runen sei in Videospielen immer wieder eher magischer Firlefanz, der Waffen und Helden auf sonderbare Weise stärker macht, als das, wofür sie wirklich genutzt wurden: Ortsmarkierungen und Sprache für religiöse Rituale. Statt aber nur Kritik zu üben, hat Maja kürzlich die Dinge selbst in die Hand genommen und ein kleines Spiel entwickelt, das Runensteine auf eine neue Art in den Mittelpunkt rückt. Für God of War hegt Maja unterdessen durchaus noch Hoffnungen, dass die Entwickler die Darstellung der Runen besser hinkriegen als viele andere Spiele da draußen:
„Ich hoffe, dass God of War auf dem richtigen Weg ist und sich mit Runen wirklich tiefgehend auseinandersetzt. Andererseits habe ich schon jetzt Textzeilen gesehen, die wieder auf magischen Firlefanz und Hokuspokus hindeuten. Naja, wir werden sehen!“
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Maja Bäckvall hat altnordische Sprachen studiert und hat in den letzten Monaten bei gleich zwei großen Spieleprojekten als Übersetzerin mitgearbeitet: Civilization VI und das kommende God of War. In der Interviewrunde „Q.E.D.“ erzählt Maja, wie die Zusammenarbeit mit so großen Entwicklerteams in der Spielebranche eigentlich abläuft und warum sie viele Spiele, die ihre Zelte in der nordischen Mythologie aufschlagen, nicht sonderlich mag.
Als ich Maja Bäckvall kennenlernen durfte, hatte ich noch keine Ahnung, dass ich einen Teil ihrer Arbeit bereits in- und auswendig kannte. Denn eine von Majas jüngsten, abgeschlossenen Großprojekten ist die Übersetzung der Texte und Monologe von Harald Hardrada, dem Anführer Norwegens in Civilization VI – ein Spiel, mit dem ich schon dutzende Stunden verbracht habe. Dementsprechend begeistert begann ich sie in unserem Interview auszuquetschen, wie sie eigentlich an diesen Job geraten war. Und die Antwort auf diese Frage überraschte mich dann ehrlich gesagt doch ein wenig:
„Ich habe den Job wirklich eigentlich nur mit viel Glück bekommen. Eine Freundin aus Amerika, die ebenfalls altnordische Sprachen studiert hat, erhielt eines Tages eine Mail, in der sie gefragt wurde, ob sie nicht die Übersetzung für ein Videospiel machen wolle. Um was für ein Spiel es ging, wusste sie damals noch nicht und ein wenig irritiert teilte sie auf Facebook die Anfrage. Sonderlich viel konnte sie nicht damit anfangen, aber ich war sofort völlig begeistert und angetan von dieser Gelegenheit. Also schrieb ich meine Freundin an, bat um die Kontaktdaten des Auftraggebers – und erhielt den Job!“
Alles andere als Glück war natürlich die Grundlage, die Maja erst einmal schaffen musste, um sich auf diesen Job bewerben zu können. Und diese Grundlage war ein knackiges Studium, wie sie mir erklärt:
„Ich habe einen Magister-Abschluss in Skandinavistik, mein Schwerpunkt sind aber altnordische Sprachen und Runen. In meinem Studium habe ich nicht nur die politische Geschichte der skandinavischen Länder kennengelernt, sondern auch ihre Literaturgeschichte und Kultur. Und weil ich privat sehr gerne Zeit mit Videospielen verbringe, war ich sehr aufgeregt, als ich plötzlich über diese Gelegenheit stolperte, die Übersetzungen für Civilization VI machen zu dürfen.“
Übersetzer haben nur selten direkt mit dem Kernentwicklerteam eines Spiels zu tun
Nachdem Maja den Auftrag bekommen hatte, die altnordischen Übersetzungen für Civilization VI zu schreiben, stand sie in stetigem Kontakt mit einer großen Firma – allerdings nicht mit den Entwicklern selbst:
„Ich hatte niemals direkt mit den Civ-Entwicklern zu tun. Die gesamte Übersetzung lief über ein Studio, das sich auf Vertonungen in Filmen und Spielen spezialisiert hat. Die organisierten auch alle Synchronsprecher für das Spiel. Im Grunde wurde mir auch nie gesagt, an welchem Spiel ich gerade arbeite, aber ich habe dann doch ziemlich schnell diesen unverwechselbaren Stil von Civ erkannt (ich meine, wie viele Spiele haben Wikinger-Anführer, die fordern, dass der Spieler von ihren Grenzen abhauen…).
Die Arbeit selbst spielte sich vor allem in Excel-Tabellen ab. Dort schrieb das dänische Studio alle Texte rein, die sie brauchten und ich übersetzte sie dann. Ich hatte also auch kaum Möglichkeit, Feedback oder Input zu geben, wenn ich inhaltliche Verbesserungsvorschläge für einige Zeilen gehabt hätte. Der einzige Austausch fand über Anmerkungen im Excel-Dokument statt, die ich schreiben konnte, wenn ich eine Phrase nicht verstand oder mehr Kontext benötigte. Manchmal habe ich aber auch einfach kurzerhand ein bisschen an den Sätzen herumgeschraubt, damit sie besser zusammenpassen und schöner klingen.“
Nachdem sie ihre Arbeit an Civilization IIIIII abgeschlossen hatte, dauerte es nicht lange, bis Maja bereits über ihren nächsten Job stolpern sollte, der sie erneut mit einem Entwicklerteam zusammenbringen sollte – und wieder hatte sie vor allem viel, viel Glück:
„Bei God of War war es ganz ähnlich wie bei Civ: Ein Studienkollege von mir wurde wegen der Übersetzung für ein Videospiel angeschrieben, die sich vor allem um Runentexte drehen würde, aber er hatte kein Interesse. Über diesen Umweg und seine Weiterempfehlung kam ich schließlich zu dem Auftrag. Auch hier arbeitete ich nicht mit dem Kernteam von God of War zusammen, sondern stand wieder in Kontakt mit einer externen Firma. Dass ich tatsächlich an Kratos neuen Abenteuer arbeitete, wurde mir allerdings recht schnell klar, als ich Dateien zugeschickt bekam, die ‚gow_voicelines‘ hießen. Apropos ‚voicelines‘: Bei God of War durfte ich einige Dialoge sogar selbst einsprechen, damit die eigentlichen Synchronsprecher am Ende wissen, wie das alles richtig klingen soll. Das war eine Menge Spaß!“
Spiele mit nordischem Setting schöpfen immer wieder aus der gleichen Klischee-Schublade
Fernab der beiden Großprojekte unterhielt ich mich mit Maja auch ganz generell über Videospiele, mit denen sie gerne ihre Zeit verbringt. Dabei kamen wir schnell zu der gleichen Erkenntnis, dass Videospiele, die in einer nordischen Spielwelt verankert sind, immer wieder aus der gleichen Klischee-Schublade schöpfen. Dazu Maja:
„Ich habe das Gefühl, das die ’nordische Kultur‘ in den Populärmedien immer wieder als ein Synonym für aggressive, wütende, raue Menschen genutzt wird. Sehr maskulin, wenn man so sagen will. Alles ist immer so kantig. Ich persönlich würde da viel lieber mehr Videospiele sehen, die die Leidenschaft und die moralischen Dilemma sichtbar machen, mit denen sich die Skandinavier in ihrer Literatur über Jahrhunderte auseinandergesetzt haben. Seltsamerweise ist da The Banner Saga ein sehr gelungenes Beispiel, das ja offiziell „nur“ von der nordischen Mythologie inspiriert ist, sie aber nicht auf irgendeine Weise authentisch abbilden will.“
Auch die Darstellung und der Gebrauch von Runen sei in Videospielen immer wieder eher magischer Firlefanz, der Waffen und Helden auf sonderbare Weise stärker macht, als das, wofür sie wirklich genutzt wurden: Ortsmarkierungen und Sprache für religiöse Rituale. Statt aber nur Kritik zu üben, hat Maja kürzlich die Dinge selbst in die Hand genommen und ein kleines Spiel entwickelt, das Runensteine auf eine neue Art in den Mittelpunkt rückt. Für God of War hegt Maja unterdessen durchaus noch Hoffnungen, dass die Entwickler die Darstellung der Runen besser hinkriegen als viele andere Spiele da draußen:
„Ich hoffe, dass God of War auf dem richtigen Weg ist und sich mit Runen wirklich tiefgehend auseinandersetzt. Andererseits habe ich schon jetzt Textzeilen gesehen, die wieder auf magischen Firlefanz und Hokuspokus hindeuten. Naja, wir werden sehen!“